Zwischen schwarz und weiß tun sich Wortwelten auf; schwarz auf weiß steht es dann hier ↓
Zwischen schwarz und weiß tun sich Wortwelten auf; schwarz auf weiß steht es dann hier ↓
Mit dem Rücken
Zur Fahrtrichtung Südsüdwest
Fliegt das Mailand
Weg – wohin
Die Sehnsucht jagt
Hinterher in den schwarzen Horizont
Dort türmen sich schon
Die schweren Wolken
Und weinen sich
aus
über
mir
Doch der stürzt davon
Mit dem ICE 858
Und einem helleren Wind
Im Rücken.
Auf dem Schädel
Raunen hornige Drähte
Was von Synapsen
Links rechts
Links bleibt
Die Kehle dürstets
Das sich entwässernde Menschengeschlecht
Ach das Herz!
Bekennt sich sekündlich:
Geblähter Schädel
Benetzte Kehle
Senkstelzen. Die Hüter des Hauses
Im Ozean stochernd
Zittern sie wohin
Zwischen oben und
Erde eingeordnet
Rufen sie
Alle
Ewigkeit
Eingezäunt von endloser Wörterschar
Sprengt der Gedanke an dich die Buchdeckel
Die Syntax springt aufgeregt ineinander
Überschriften suchen ihr Gefolge
Meine Augen nehmen Zwischenzeiliges auf
Weiß auf schwarzem Grund
Du machst mich lesen und
Sehend befreunde ich mich
Mit den Schatten
Die Wolken fliegen tief vom Abend her
Treiben grüngraue Vorhänge durch den Kopf
Da! eine Silbermöwe steht im Wind
Beweglich nur der Kopf
Der Rest scheint stärker
Mit jedem Windstoß
Trotzig entfliehe ich dem Zeichen
In einen roten Italiener
[nur Mut!]
Der Tisch zum Baum
Zum Spross
Zum Nichts das Leben
Schwindet
Der Vater zum Sohn
Zur Zelle
Zum Wollen die Lust
Verkommt
Meine Zeilen zum Wort
Zum Mühen
Im Selbstdunst sich alles
Enthebt
Für eine Weile klingt
Das Rotkehlchen die Goldammer
Vergessen der traurige Rest
Eintagsfliegen entschleunigen ihr knappes Gut
Dösen In der Mittagssonne
Wähnen sich daheim: High Noon
Ich vernehme das kaum
Käfer Raupen Zecken Getier
Eine Horde befällt mich
Erkundet mein verletztes Hemd
Hört nicht den drohenden Herzschlag
Dass der Mai mir gehört –
allein
Um das verlorene Gedicht
Das ich mir hätte sein können
Habe ich stets getrauert
Ein Fremder wurde ich
Hier und da
Versucht der Liebe
Text zu schenken
Ich ging auf dich zu
trochäischen Schrittes
Und die einstigen Saufkumpanen:
Schenken schon lange nicht mehr ein
Den Morgenstunden träumend zu erliegen
Auch das Füllhorn der Denker und Weisen
Ist mächtig geschwätzig
Angeschwollen mit Eitelkeiten
Verunreinigt habe ich und
Geopfert dem Moloch Morgen
Schon jetzt
Die prallen Vokabeln
Nach denen der Sinn steht
Ich drehe mich um –
kann nicht mehr fixieren die Zeit
Und die Schmetterlinge
Jagte ich nutzlos
Heftete ich vergaste Körperkreuze
Aufs Brett
Dann auch Erdhöhlen befeiert
Mit ersten Erektionen
Spätere Aufstände nicht ausgeschlossen
Gegen Atomzerfall
Noch mutiger das Kauern
Vor Filmhelden mit den üblichen Verdächtigen
Im Laufe der Zeit
Geschissen sogar
Auf die schwarzen Schatten der Druckerzeugnisse
Nachtfalter!
So opfere mir doch deine verbliebenen
Stummelfarben
Deine Schreie
Dein Mahnen:
Hab acht!
Dies alles läuft leer
Und ohne Quelle das Meer
Dem großen Bruder Schlaf in die Arme
Wo Wörter noch
Warten
[Hymnus]
Pflückte ich Strahlen der Himmel
könnte ich lauschen der Zeit
arglos wollt ich verglimmen
unendlich satt und gescheit
So aber brechen die Wellen
bildschirmpoliert mir ins Hirn
Nahrung erquickt nur den Schnellen
zunehmend dumpf meine Stirn
Träum ich den Morgen herinnen
seh wie er zappelt und spricht
möcht diesem Schwerschlaf entrinnen
endlich in frühgraues Licht
Wie sie den Tag kommentieren
rückwärts
die Septakkorde durch die Stunden
flechten
kurz vor Toresschluss das Präludium
davor Schweigen
[Sonett der Bürgerpflichten]
Schmieg betend dich an die Ufer des Arno
Dein Bauch sei der Kiesel Ruhestatt
Der Menschen Werk möge flirren dir über der Ebene
Öffne deiner Heimat die Schleusen des Horizonts
Zieh durch die Mooswälder mit dem Gewicht der Ohren
Am Himmelswind richte aus deine Glieder
Allein im Schatten der Zypressen mach Freunde dir
Stimm ein in die Seufzer der streunenden Hunde
Güte und Lehm sei deines Lebens Grund
Rede von deiner Seele als etwas anderem
Im Rudel sprich im Rhythmus zweier Augenpaare
Dreh dich nicht um auf der Reise nach Eden
Maßvollen Schrittes grüße die Ölbäume deines Herzens
Gib ab die Schlachtfelder und Tränen dem Allerersten
Reim Dich oder ich fress` Dich
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